Die guten und die bösen Kaiser (20)
Shownotes
In den Jahren nach der letzten großen Auflehnung gegen die römischen Herren sind die Juden entweder komplett verarmt oder bereits in der gesamten Welt verstreut. Die wenigen verbliebenen Weisen leben im Untergrund versteckt oder pilgern weit fort. Sie fahren mit Schiffen über das Mittelmeer nach Griechenland, Italien und weiter auf den europäischen Kontinent, oder sie wandern durch das heutige Libyen, Marokko bis über Gibraltar nach Spanien und Portugal. Viele ziehen auf dem eigenen Kontinent weiter, in den heutigen Irak und Iran, bis tief in die heutige Türkei, nach Aserbaidschan und Georgien, und sogar mitten durch die Wüste an die Spitze der arabischen Halbinsel, in den heutigen Jemen.
Die rund 100 Jahre, in denen sämtliche römischen Kaiser durch Adoption gekürt wurden, also Trajan, Hadrian, Antonius Pius, Mark Aurel und Lucius Verus, sind in der historischen Literatur als »Zeit der fünf guten Kaiser« bekannt. Und bis zu einem gewissen Grad stimmt das wohl auch.
Für unsere Region jedoch, die ehemalige Provinz Judäa, die nun als Verwaltungsbezirk »Palästina« Syrien untergeordnet ist, sind es keine guten Kaiser und keine glückliche Zeit. Juden werden allerorten verfolgt, manch einer wird aus Angst um sein Leben seinen Glauben verleugnen, und manch einer wird, weil er nicht verleugnen will, sterben.
Dennoch, oder vielleicht auch deswegen, arbeiten in den ersten knapp hundert Jahren nach dem Bar Kochba Krieg die jüdischen Weisen daran, den Tanach (die Sammlung Heiliger Schriften des Judentums, bestehend aus Torah, Nevi’im (Propheten) und Ketuvim (Schriften)) und den Talmud (die Handlungsanweisungen für die biblischen Gesetze) fertigzustellen – das Herz der jüdischen Kultur. Mit dem Babylonischen Talmud wird die Jüdische Gemeinde Babylons im 2. und 3 Jahrhundert zur wichtigsten und berühmtesten der Welt.
Die Lage für die Juden bessert sich erst mit Ende des 2. Jahrhunderts unter Kaiser Septimius Severus, dem sogar Synagogen gewidmet werden. Doch seine Dynastie geht schon in der Mitte des dritten Jahrhunderts wieder zu Ende, und es beginnt die Zeit der sogenannten Soldatenkaiser. Innerhalb der nächsten knapp hundert Jahre kommen an die 70 Kaiser an die Macht. Die Menschen wandern ab, das Land liegt brach und verarmt wieder. Im persischen Reich steigt der Clan der Sassaniden auf. Rom muss sich behaupten.
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‧Nicole Nagel
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