Nächstes Jahr in Jerusalem (19)

Shownotes

Im Jahr 135 ist der Bar Kochba Aufstand verloren. Simon bar Kosiba ist tot, tausende Juden werden von den Römern getötet oder sterben auf der Flucht. Schwere Zeiten brechen an.

Hadrian will die Verbindung der Juden zu ihrem Land für immer auslöschen. Er baut Jerusalem wieder auf, aber er gibt der Stadt einen anderen Namen, und statt des jüdischen Gebetszentrums regiert nun ein heidnischer Gott auf dem Tempelberg. Doch damit nicht genug: In grausamer Häme nennt er Iudäa auf »Syria Palaestina« (auch: Syria Philistine) um.

Unsere Region ist nun zur Gänze ein Teil Syriens, und sie heisst in allen nichtjüdischen Schriften Palaestina bzw. Philistine. Statt einer eigenen Prokonsularischen Provinz wie bisher gibt es nur noch drei untergeordnete Verwaltungsbezirke – Palästina 1, 2, und 3 – und sie umfassen zusammen das gesamte Gebiet, das man heute als Israel, Gaza und die umstrittenen Gebiete kennt, dazu noch fast zur Gänze das heutige Jordanien, und die komplette Sinai Halbinsel. Das alles ist Palästina, nach dem Jahr 135 unserer Zeitrechnung. Die Christen tragen den Namen Palästina in die Westliche Welt, und diese trägt ihn dann mit in die Zeit, in der sie überall die Führung übernimmt.

Hadrian hat gesiegt, aber er ist schwer krank. Am 24. Januar 138, seinem 62. Geburtstag, macht er durch Adoption den langjährigen Senator Antoninus Pius zu seinem Nachfolger. Er stirbt im Juli desselben Jahres, nur drei Jahre nach der Niederschlagung des Bar Kochba Aufstandes.

Kaiser Antonius Pius lockert einige der judenfeindlichen Gesetze, und langsam keimt wieder jüdisches Leben. Doch noch immer dürfen Juden nicht nach Jerusalem, sie dürfen nur vom Ölberg aus auf die Stadt blicken – und sich auf dem Ölberg begraben lassen. In dieser Zeit entsteht der heute riesige jüdische Friedhof dort, wo sich Juden mit Blick auf die Heilige Stadt zur letzten Ruhe legen, in der Hoffnung, die ersten zu sein, die mit der Ankunft des Messias wieder auferstehen dürfen.

Auf dem Ölberg wurde auch ein sehnsüchtiger Ausruf geprägt, zugleich eine hoffnungsvolle allseitige Verabschiedungsformel, die bis heute von allen Juden auf der ganzen Welt jährlich bei der wichtigsten Familienfeier der Judenheit zueinander gesagt wird: »Nächstes Jahr in Jerusalem.«

Aber – dieses nächste Jahr, darauf wartet man sehr lange, denn die nächsten Jahrhunderte sollten für die Juden nicht einfacher werden als dieses ausgehende zweite.

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